Was tun, wenn die Diagnose lautet: „Ihr Kind hat Diabetes“? Fünf Fragen an Daniela Kesting

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Was tun, wenn die Diagnose lautet: „Ihr Kind hat Diabetes“?

Fünf Fragen an Daniela Kesting

Was geht in Eltern vor, die mit ihrem kleinen Schatz, ihrem Baby oder Kleinkind, zum Arzt gehen, und mit der Diagnose „Typ 1 Diabetes“ wieder nach Hause kommen? Mit welchen Ängsten und Sorgen haben sie zu kämpfen, und wie können sie die Herausforderung meistern? Darüber haben wir mit Daniela Kesting gesprochen, die über einen besonders umfassenden Erfahrungsschatz verfügt. Die 49-jährige spricht als Diabetescoach mit vielen Eltern über eben diese Herausforderungen. Darüber hinaus lebt sie selbst seit 32 Jahren mit Diabetes Typ 1 und ihr inzwischen 14-jähriger Sohn Finn erhielt die gleiche Diagnose im Alter von 19 Monaten. Beide verwenden das Dexcom G6 rtCGM[1]-System.

Frau Kesting, wie haben Sie sich gefühlt, als bei Ihrem Sohn der Diabetes diagnostiziert wurde?

Es war im Sommer 2008, als uns bei unserem Sohn die ersten klassischen Symptome auffielen. Finn hatte ungewöhnlich viel Durst, wirkte matt und müde, schlief plötzlich in seinem eigenen Bettchen durch und wachte morgens mit übervollen Windeln auf. Es hat einige Tage gebraucht, bis ich mich getraut habe, seinen Blutzucker zu messen. Das Ergebnis war besorgniserregend. 276 mg/dl. Und das nüchtern. Damit begann unsere Reise über Kinderarzt bis zur Kinderklinik, wo sich die Diagnose bestätigte. Finn hatte ebenfalls wie ich Diabetes mellitus Typ 1. Der Schock saß richtig tief. Die ersten Tage war ich zu keinem klaren Gedanken fähig und fühlte mich wie in Watte gepackt. Ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen und Schuldgefühle, da ich meinem Sohn scheinbar den Diabetes vererbt hatte. Immer wieder gingen mir Horrorszenarien durch den Kopf, was ist, wenn er in die Schule geht, wie läuft das? Was ist später mit Ausbildung, Führerschein, Alkohol, Pubertät etc.? Gott sei Dank habe ich eine Familie und Freunde, die mich in dieser Zeit gut unterstützt haben.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen im Umgang mit dem Diabetes Ihres Sohnes? Und wie gehen Sie damit um?

Die größte Herausforderung ist generell, die Blutzuckereinstellung immer wieder neu anzupassen, nie nachzulassen und den Diabetes niemals aus den Augen zu verlieren. Für uns als Familie war und ist immer wichtig, Finn das Gefühl zu vermitteln, dass er fast alles machen kann, wenn er weiß, wie er seinen Blutzucker richtig managt. Manchmal muss man auch als Mutter beide Augen zudrücken, wenn Finn zum Beispiel mit dem Fahrrad unterwegs ist, ob alles glatt geht, ob er genügend Traubenzucker dabei hat. Loslassen ist die größte Hürde, die Eltern nehmen müssen. Mit einer chronischen Erkrankung noch einmal mehr. Mittlerweile gelingt mir das recht gut. Finn soll trotz oder wegen des Diabetes alles ausprobieren können. Dazu gehört auch, ihm Vertrauen zu schenken und ihm das Gefühl zu vermitteln, dass er es schafft, gut auf sich und seinen Diabetes zu achten, was er mir im Alltag immer wieder beweist. Dank des Dexcom G6 ist es für uns alle leichter den Alltag zu bewältigen. Besonders für Klassenfahrten ist der Sensor auch gerade für Lehrer eine Riesenunterstützung. Aber auch, wenn er bei Freunden übernachtet. Der Sensor erleichtert mir das Loslassen und gibt meinem Sohn ein Gefühl von Sicherheit.

Wie sehr hilft Ihnen die eigene Erfahrung mit Typ-1-Diabetes im Umgang mit dem Diabetes Ihres Sohnes?

Mein Sohn hat irgendwann einmal gesagt, dass er froh ist, mit seinem Diabetes nicht allein in unserer Familie zu sein. Ich glaube schon, dass es ein Vorteil ist, dass ich ebenfalls Diabetes habe. Ich weiß ganz genau, wie sich eine Unterzuckerung oder eine Überzuckerung anfühlen kann. Es gibt für einen Menschen nichts schlimmeres, als das Gefühl von Kontrollverlust. Dieses Gefühl bekommt man, wenn der Blutzucker nicht schnell genug steigt oder sinkt. Das können Menschen ohne Diabetes nicht nachvollziehen. Auch, wie es ist, dass der Diabetes immer präsent ist. Tagein, Tagaus. Immer muss man daran denken und darf nichts vergessen. Und dass man da nicht immer Lust darauf hat, kann ich so gut nachvollziehen. Ich denke durch den Diabetes sind wir beide ein noch besseres Team geworden. Wir versuchen gemeinsam das Beste aus unserem Diabetes herauszuholen, können aber auch gut mal gehörig auf ihn schimpfen … Aber es ist nicht immer alles Diabetes. In erster Linie sind wir Mutter und Sohn und das ist das Allerwichtigste.

Sind Sie sich immer einig, oder gibt es diabetesbedingte Konflikte zwischen Ihnen und Ihrem Sohn?

Selbstverständlich verläuft unser Zusammenleben nicht immer harmonisch. Bislang muss ich aber sagen, dass Finn seinen Diabetes gut managt, trotz seiner 14 Jahre. Wenn es zu Problemen kommt, weil er mal wieder Süßigkeiten gegessen und dafür kein Insulin abgegeben hat, versuche ich ruhig zu bleiben. Ich trenne strikt sein Verhalten von seiner Person. Und wenn der Blutzucker deshalb ansteigt und es ihm nicht besonders gut geht deswegen, belasse ich es zunächst dabei. Im Nachhinein sprechen wir miteinander und ich erkläre ihm, welches Verhalten besser wäre. Ich glaube, es geht nur mit Ruhe und Gelassenheit. Ich hoffe, dass ich die auch künftig immer aufbringen kann. Die Pubertät in Verbindung mit Diabetes ist eine riesige Herausforderung für Jugendliche. Oft sind sie überfordert damit, beides zu vereinen. Es ist gut, wenn Eltern als Anker oder Hafen im Hintergrund zur Verfügung stehen. So sehe ich mich auch für meinen Sohn.

Gibt es aus Ihrem reichen Erfahrungsschatz besonders wichtige Tipps für Eltern von Kindern mit Typ 1 Diabetes?

Gerade, weil ich selbst Typ 1 Diabetes habe und einen Sohn mit Typ 1, ist in mir irgendwann der Wunsch entstanden, meine Erfahrungen weiterzugeben und somit andere mit Diabetes auf ihrem Weg zu mehr Achtsamkeit und Akzeptanz im Umgang mit dem Diabetes zu unterstützen. Besonders für Eltern ist das Loslassen immer wieder ein großes Thema. Aber es ist so wichtig, dass Kinder ihre eigenen Erfahrungen mit dem Diabetes sammeln dürfen. Das stärkt deren Handlungskompetenz und -sicherheit. Zu viele Zukunftsängste hemmen die Eltern, was wiederum die Kinder in ihrer Entwicklung hemmen kann. Besser ist es nicht so weit vorauszudenken und sich mehr auf den Augenblick zu besinnen. Der Austausch in Selbsthilfegruppen oder ähnlichem ist sehr wertvoll. Die Kinder erfahren, dass sie mit ihrem Diabetes nicht allein sind, und für die Eltern ist es gut, wenn sie sich austauschen können. Das ist für alle Beteiligten Selbstfürsorge. Eltern sind in allem Vorbild für ihre Kinder. Je besser Eltern die Erkrankung des Kindes akzeptieren und integrieren, umso besser wird das auch den Kindern gelingen. Und ganz wichtig: Es ist nicht alles Diabetes! Das heißt, dass man nicht vor lauter Diabetes den Rest vergisst, der das Leben lebenswert macht!
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Quellen:
[1] Real-Time-Glucose-Monitoring, dt.: kontinuierliche Gewebeglukosemessung in Echtzeit.

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